Zwischen Hoffen und Bangen
Das einst mächtige Fürstentum ist nicht mehr, das Schutzpatronat der Rabenmunds weitgehend zerschlagen, die altbewährte, praiosgewollte Herrschaft des Adels durch eine Kirchenherrschaft ersetzt. Immerhin hat man noch Glück gehabt, es gibt überhaupt eine Herrschaft und es ist die der sanften Mutter Travia, den Menschen wohlvertraut, die sich um ihre Schutzbefohlenen sorgt. Man hat es besser getroffen als Raben- oder gar Wildermark, denn selbst wenn es dauern wird, die Äcker neu zu bestellen und die Handelsbeziehungen neu zu beleben, ist das Land doch nicht verflucht und genießt den Wohlstand des Friedens. Dennoch gibt es Unsicherheiten und Unbehagen neben tsagefälliger Aufbruchstimmung. Viele Darpatier sind auf der Flucht und haben Heim, Hab und Gut verloren. Längst nicht alle sind schon bereit, wieder zurückzukehren, manche werden das erst in Monaten oder Jahren tun und dann feststellen müssen, dass andere sich ihre Häuser und Grundstücke angeeignet haben. Der
Blutzoll, den der Krieg der Provinz abverlangt hat, ist immens, es gibt kaum eine Familie, die keine Toten zu beklagen hat. Das einst reiche Land ist ausgezehrt, Rommilys schwer in Mitleidenschaft gezogen, es wird Jahre dauern, bis das Leben wieder in halbwegs geordneten Bahnen läuft.
Regionen der Traviamark
Die Traviamark umfasst die Vogteien Dettenhofen, Zwerch und Mark Rommilys und die Baronie Neuborn. Kultivierte ländliche Idylle mit weiten Kornfeldern und Viehherden um Zwerch und Ebnet stehen auf der einen Seite und auf der anderen die wild-schöne Einsamkeit der Trollzacken am Rande von Dettenhofen und Neuborn.
Darpatien war einst eine zentrale Provinz des Reiches, die Traviamark indes bildet einen Teil der östlichen Grenze zu den Schwarzen Landen mit den entsprechenden nachteiligen Folgen für den Handel. Das fischreiche Ochsenwasser und der Darpat mit den Darparfällen prägen die Mark. In den flachen Uferregionen des Ochsenwassers, namentlich bei Fischerdorf, findet man sumpfige Niederungen mit alljährlichen Überschwemmungen. Als gemäßigte Region sind die Sommer warm und niederschlagsreich, die Winter sind im Hesinde und Firun häufig streng.
Im Norden grenzt die Traviamark an die unsichere Wildermark. Die östliche Grenze bilden die Trollzacken. In diesem Gebirge liegt, nahe einer Passstraße, das Travia-Kloster Wolfskopf sowie in der Baronie Neuborn die Stammburg derer von Sturmfels, einem im Mittelreich weitverbreiteten Adelsgeschlecht.
Das Ochsenwasser und die Darpatfälle
Viele Mythen und Legenden ranken sich um den See, der gut 120 Meilen lang ist. Die zahlreichen Fischer und Bauern in der direkten Umgebung des Sees danken Efferd für den Wohlstand, den er ihnen schenkt, doch sie fürchten auch so manche Kreatur, die sie in den Wassern vermuten. Von lüsternen Wasserfeen und Spukgestalten wird berichtet, die die Sterblichen lachend und singend in die dunklen Fluten locken. Vor allem die Inseln am Nord- und Ostufer werden von den Fischern fast abergläubisch gemieden, man erzählt sich von affenähnlichen Ungetümen, die angeblich kleine Kinder fressen, und noch viel schrecklicheren Wesenheiten, die im Schutz des Nebels allzu vorwitzigen Naturen ein feuchtes Grab bereiten.
Die Darpartfälle bieten einen überwältigenden Anblick. Auf etwa dreihundert Schritt Breite stürzen die Wasser des Ochsenwassers fünfzig Schritt in die Tiefe. In der Mitte fallen die Fluten als schäumend weißer Vorhang lotrecht hinab, an den Seiten suchen sich zahlreiche Bächlein und vernetzte Rinnsale in kaskadenartigen Sprüngen ihren Weg. Eine Fee soll ihre Heimstatt in den Fällen haben, die jedem Glück schenkt, der ihr einen Kuss zu rauben vermag. Das Sprühwasser wird an windigen Tagen bis in das zwölf Meilen ferne Rommilys getragen. Schon der mildeste Sonnenschein lässt das wundersame Spiel der Regenbogen erkennen, die sich über die Fälle spannen. Unter dem Überhang der Fälle hat das Wasser tiefe Kavernen in den Stein gegraben, und manch einer befürchtet, dass der Hang das Gewicht des gewaltigen Felsvorsprunges nicht mehr lange wird halten können.
Unterhalb der Darpatfälle, auf einem kleinen Eiland mitten im Strom, steht seit Jahrhunderten ein Efferd-Heiligtum. Über eine glitschige, algenbewachsene und schmale Brücke erreicht man von der Rommilyser Uferseite die Ruine des kleinen Klosters Efferdsang, das durch Asmodeus' Schergen zerstört wurde. Für den gefährlichen Weg wird man jedoch mit dem Blick über die fast dreihundert Schritt weit reichende, tosende Flut belohnt. Viele Geweihte Efferds geloben ihrem Gott, zumindest einmal im Leben eine Pilgerreise zu diesem schönsten aller Binnenheiligtümer zu machen, weswegen die Efferd-Kirche eifrig sammelt, um den Wiederaufbau des Gebäudes in Angriff nehmen zu können.
Die Mark Rommilys ist der Acker und die Trutz der alten Herrscherstadt Südlich von Rommilys liegt die Feste Hohenstein und an der Nordgrenze zu Zwerch wacht die Feenburg. Doch die Liste der Zerstörungen, seit die Mark zweifacher Aufmarschplatz der Schwarzen Horden zum Sturm auf Rommilys war, ist immer noch länger als das Bewahrte und Wiederhergestellte. Der ehemalige fürstliche Jagdwald bei Dommel wurde ebenso ein Raub der schwarzen Söldner, auf der Suche nach Brennbarem im damaligen Jahrhundertwinter, wie das ehemalige fürstliche Gestüt Wolfseck. Allein der Küstenstreifen am Ochsenwasser blieb weitgehend verschont, weil die Söldner auf die Nahrungsversorgung durch die Fischer angewiesen waren.
In Neuborn hatten sich Asmodeus' Truppen bei der zweiten Belagerung der Stadt verschanzt und haben dort viel Unheil angerichtet. In den Bergen und Tälern der Trollzacken tummeln sich viele seltsame Wesen und lichtscheue Gestalten.
In der Baronie Dettenhofen regiert noch immer Vogt Roderick von Rabenmund, der in seinem Amt von der Travia-Kirche bestätigt worden ist. Dafür soll er einen hohen Preis bezahlt haben, wird gemunkelt, denn es heißt, er habe seinen Vetter Ucurian von Rabenmund ä.H verraten, als dieser gegen die Kirchenherrschaft aufbegehrte, um seiner Tochter den Thron zu sichern. Auch Baronie Dettenhofen wurde im wohlhabenden und fruchtbaren Küstenstreifen von Asmodeus weitgehend verheert, als dieser dort seine Truppen für seinen zweiten Angriff auf Rommilys sammelte. Der Landstrich trägt mit der Insel Galottas ein weiteres schweres Erbe. Rabenstein, die nördlichste der Inseln am Ostufer des Ochsenwassers, beherbergt eine Trutzburg des Vogts. Sie wurde zwar geplündert, aber nicht zerstört.
In Mark herrlich Zwerch liegt Burg Travinianshall, eine Rondra Ordensburg, die über die Grenze zur Wildermark wacht.